Bei der Inszenierung des Musicals und Testaments Lazarus von David Bowie am Deutschen SchauSpielHaus Hamburg steht Bernadette Lahengst als Sologitarristin auf der Bühne, mimt Mick Ronson und lässt sich dementsprechend in dieser Rolle – einer Art Genderzwischenwesen – von Alexander Scheer (Newton alias Bowie) die Gitarre lecken.
Gelegenheit zu einem Gespräch, in dem unter anderem folgende Themen zur Sprache kamen:
Bernadette kommt von einem eigenen langjährigen Theaterhintergrund her, in dem es bisher jedoch vornehmlich um kollektive Prozesse ging, insbesondere die Zusammenarbeit mit Randgruppen der Bevölkerung wie Geflüchteten, Kindern und alten Menschen. Sie holt sie auf die Bühne, um ihnen einen öffentlichen Raum und eine Ausdrucksmöglichkeit zu geben, allerdings mit der ausdrücklichen Fürsorge für ein weitere nachhörige Begleitung.
Die Erfahrung der notwendigerweise hierarchischen Struktur an einem großen Sprechtheater wie dem Deutschen Schauspielhaus Hamburg sowie die feste Gebundenheit an die musikalische Vorlage von „Lazarus“ stellte eine neue und nicht einfache Erfahrung dar. Als sie nach einer ersten freieren Vorprobenzeit erfuhr, dass laut David Bowies Erbverwaltern jede Note der Partitur zu respektieren sei, zögerte sie sogar einen Moment lang, das Projekt fortzuführen. Denn Bernadette betrachtet sich nicht als klassische Theatermusikerin, die Vorgaben erfüllt, sondern legt größten Wert darauf, ihre eigene Musik frei zu erarbeiten.
Die Frage der Machtstrukturen in Musik- und Theaterwelt führt direkt zur Genderfrage, das heißt der immer noch vorherrschenden Unterrepräsentiertheit von Frauen am Theater und in Bands. Unlängst hat Bernadette einen Inspiration-Award von der Organisation Keychange erhalten, die sich für Genderequality auf großen Festivals einsetzen. Gleiches sollte ihrer Ansicht nach auch in Theatern gefordert werden.
Bernadette war Mit-Inititiorin (auch) der (Hamburger) Erklärung der Vielen, einer Selbstverpflichtungen Unterzeichner zu Veranstaltungen gegen Rechts, Information und Solidarität, was die Wahrung von künstlerischem und anderem Handlungsspielraum betrifft.
Ihr neues Album „Wir sind die Vielen“ erscheint bei Trikont im März 2019. Drei Songs sind der Sendung zu hören (s.u.).
Angesichts des hoffnungslosen Inhalts des Stücks Lazarus sieht sich Bernadette am Gegenpol: der Hoffnung. Bowie habe mit diesem Stück über seinen Tod hinausleben wollen – aus dieser Hoffnung heraus habe er im Angesicht des Todes dieses Stück geschrieben. Aber auch sie habe sich mit Tod auseinandergesetzt. Die Düsternis in dem Stück habe Tiefe, auch wenn der Text eher flach sei. Hoffnung gründe auf der Erfahrung des Fortschreitens und Weitergehens – Beharrlichkeit, Dranbleiben, Grundvertrauen.
Das Interview solo:
Und hier geht’s zur Sendung inklusive Interview mit meinem Kollegen KP Flügel: