Leise tastend ganz laut. Ein Disparatum zur disparaten Stadt.

Schreiben oder Nicht-Schreiben und wenn ja, dann wie? Schreiben mit unsichtbarer Tinte, die sich nur vom Herzen dechiffrieren lässt. Ich bin als Kritikerin hier, Rezensentin wäre das glimpflichere Wort, ich mag es ehrlich, ich fühle mich unwohl. Ich fühle mich wohl, wenn ich schreibe, dass ich mich unwohl fühle als jemand, der sein Urteil in die eilig-gefräßige Mühle der Presse füttern wird. Erwartet von den  Himmelhochjauchzenden und Zutodebetrübten in diesem mörderischen Karrussell des Wer-ist-zum-Theatertreffen-eingeladen. Wer greift am Härtesten durchs Gestrüpp der Texte in tödlich-flüchtigen Zeiten? Wer ist am lautesten? Doch um wen oder was geht es eigentlich?

Ich warte auf den Einlass mit den Menschen um mich herum, deren Blicke und Schritte ins Stolpern geraten, ein Sandkorn im Auge und auf dem Boden zwischen Tür und Angel. Wir sind verunsichtert, könnten uns wehren, doch nicht eindeutig ist es, sie wollen es anders, selbst bestimmter Einlass in eine sich selbst bestimmen wollende Welt. Noch und weiter und trotzdem und gegen den Widerstand der Zeiten im Aufbrechen festgelegter Orte. Leise Stimmen zur Kinderleier. Es gehe los, er wisse nicht, ob es gelinge, das, was hier geschehen könne, sagt der Spielleiter in fast bittend-tastender Weise. Nicht der freche Entertainer, nicht der laute Schorsch Kamerun. Er wirkt unsicher, will verunsichert sein, will verunsichern. Die Unsicherheit, das Nichtwissen, wie es geht, teilen mit denen, die meinen es zu wissen, wir alle meinen es zu wissen. Und doch ist vielleicht das Nichtmehrwissenwieesgeht der Weg, den wir links liegen gelassen hatten im Angesicht der lockenden Macht. Links glimmen Wörter auf, werden angeschwärzt, verheißen nichts Gutes. Gänge, Treppen, Stimmen, eine Kamera läuft mit, ist wackelig auf den Beinen, sucht nach Halt, wo gibt es den noch. Eine Er mit uraltem Gesicht tanzt durchgehend Ballett zur Groteske. Rollschuhmädchen. Maskenläufer, nein sie tanzen nicht, winken Lavinia Schulz ins Grab. Dada hat die Nase voll, Expressionismus hat Ausdauer. Alle packen an, auch die von oben, knallhart, kein Unterschlupf übrig. Der Bulle ist wirklich verzweifelt, der Demagoge überzeugt schmierig – und sie reißt sich das Herz aus dem Leibe. Schließlich die Trutzburg mit Palmenexplosion in pudeligen Zeiten, obwohl wir doch alle heimatlos werden. Einsam. Ganz fröstelig. Wagner. Die Königin der Nacht leuchtet durch die erloschene Stadt. Rache blinkt. Offizium der Reklame. Dann geht es draußen weiter. Der unsichere Teil beginnt, da ist sich Schorsch sicher. Schon die Else schrieb Briefe an Den Malik.

Ich weiß nicht, was ich damit anfangen soll. Muss ich das wissen, will ich das wissen? Wer fängt womit was und was genau an und wozu überhaupt? Was fangen wir an? Ich möchte nur noch Herzen füttern. Ich weiß nicht, wie das geht. Nur ein kleines bisschen: Den Zeichen nachgehen, wo es leise wird und zart. Und unsicher.