Vorhänge im Wind… Palermo, September 2020


Es gibt diese Anfangssequenz in Lucchino Viscontis Film Il Gattopardo, die ein Leitmotiv für den gesamten Film vorgibt: Weiße Spitzenvorhänge wehen im  Wind, fächeln Frische und Zitronenduft durch die hohen Fenstertüren – ein Hauch von Freiheit liegt in der Luft. Der Anfang vom Ende einer Epoche. Ich habe es wiedergefunden, dieses Bild, es kehrt Sizilien nach innen. Lichte geräumige Zellen mit individuellen Veranden, Wintergärten, Palmen, den prächtigsten Logen hoch oben in einem der Sakraltheater dieser Bühnenstadt: Vorhänge flattern im Frauenkloster Santa Caterina in Palermo (ich durfte in den Zellen nicht fotografieren).

Quattro Canti. Eine Straßenkreuzung im Zentrum Palermos, die dem Treiben des Lebens Platz macht. Eine Bühne zwischen vier mehrstöckigen barocken Theaterprospekten, die sich über vier Brunnen erheben, deren Stufen zum Verweilen einladen. Kollegial wechseln sich Musiker und Musikerinnen ab und spielen zum Tanz auf. Fast jeden Abend nehmen Frischverheiratete daran teil. Sie brauchen nur die Treppe von San Giuseppe dei Teatini hinabzuschreiten, die Fotografen führen Regie. Gleich um die Ecke macht das Rathaus mit seinem prächtigen Brunnenvorplatz Lust zum Flanieren. Die Brautjungfern nutzen die Gelegenheit in ihren preisgünstigen langen Roben, die fern an den berühmten nicht endenden letzten Ball im Palais des Fürsten Salina erinnern. Gianluca Orlando, der Bürgermeister lädt alle ein, Palermitaner zu sein, solange sie in Palermo sind. Die Perspektive ist so licht und weit wie das Meer vor der Küste Palermos. Möge sie neue Wege eröffnen.

Götter dämmern in Himmel und Meer.

Ergänzend dazu der Beitrag und die Radiosendung mit Etta Scollo und Klaudia Ruschkowski

sowie Nein, das Theater ist nicht tot (inspiriert von der Opera dei Pupi).