Christoph Tornow & MOSES & TAPS™: Street Art zwischen Galerie, Lifestyle und Revolte

© goldenhandsgallery

In der frisch eröffneten Golden Hands Gallery führt uns, Redakteure der neopostdadasurrealpunkshow (KP Flügel und Jorinde Reznikoff) sowie zwei BesucherInnen, der Galerist und Kurator Christoph Tornow durch die Ausstellung Corporate Identity von MOSES & TAPS. Er tut dies mit der Stimmgewalt eines „Überzeugungstäters“, so nennt er sich selbst, der den hohen Raum über sich bestens zu nutzen weiß und keine Zweifel an seiner Position lassen mag. Entsprechend stringent-konzentriert ist die Ausstellung angelegt, erzählt eine konsequente Geschichte, kein Bild zuviel: Die Identitäts-Umschweife eines Künstlerkollektivs von der Straße in die Galerie und wieder hinaus, Haken schlagend, Spuren hinter sich lassend, Spuren verwischend. Eine Geschichte, die sich auch mit der umstrittenen Frage beschäftigt, was (notwendig illegal fundierte) Graffiti in einem Verkaufsraum zu suchen haben könnten, und Frage wie fanatische Identifizierungen überhaupt ad absurdum führt. Denn was sehen wir hier, was machen diese Bilder und (zwei) Skulpturen mit uns? Eins scheint (uns jedenfalls) sicher: sie sind gut.

Seit 25 Jahren in Graffiti– und Streetartszenerien unterwegs, hat Christoph Tornow ein scharfes Auge entwickelt. Dabei gehört er zu denen, die bei aller Begeisterung schonungslos auf dem Teppich bleiben und ihre Leidenschaft reflektieren. So hatte er nach einer ersten Galerieerfahrung in der Vicious Gallery (2006 – 11) eine Pause eingelegt und seine Fachausbildung zum Augenarzt beendet, um sich den Rücken frei zu halten für die Fortsetzung seiner Galerietätigkeit. Die neopostdadasurrealpunkshow hatte ihn 2012 bereits zum Hamburger Sprayer OZ interviewt, KP Flügel mit ihm einen Beitrag zu unserer Ko–Buchproduktion Free OZ!: Streetart zwischen Revolte, Repression und Kommerz (2014) erarbeitet.

Auf die Frage, wieviel Revolte er heute noch in Graffiti sehe, antwortet Christoph Tornow, der Revolteanteil in Graffiti sei schon immer überschätzt worden. Seit den Anfängen in den New Yorker Suburbs bereits hätten Fragen und Ziele der Selbstdarstellung eine große Rolle gespielt. Heute gehörten Graffiti – und im weiteren Sinne Street Art – zu einem gewissen Lifestyle. Nur in politisch umkämpften Zonen – wie beispielsweise Griechenland, dort, wo Sprüher sich wirklichen Gefahren aussetzen, bedeute Graffiti noch einen Akt der Revolte.